Einleitung
KĂŒnstliche Intelligenz (KI) ist lĂ€ngst in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen prĂ€sent. Sie generiert Texte, Analysen und Empfehlungen und unterstĂŒtzt Entscheidungsprozesse. Dabei wird jedoch oft ĂŒbersehen, dass viele kommerzielle KI-Systeme vertriebliche Ziele verfolgen und ihre Kommunikation entsprechend gestaltet ist. Gleichzeitig bieten sie meist Möglichkeiten, diese vertriebliche PrĂ€gung per Nutzerbefehl abzuschalten.
UnabhĂ€ngig von der jeweiligen Konfiguration gilt jedoch unverĂ€ndert: Die Verantwortung fĂŒr die Inhalte und deren Nutzung liegt beim Menschen.
1. Der Mensch als aktiver und verantwortlicher Akteur
KI-Systeme sind Werkzeuge, die ohne menschliche Eingaben und Entscheidungen keine Ergebnisse liefern. Dabei ist der Mensch:
- Formulierer der Anfragen (Prompts), die den Kontext und die Ausrichtung der Antwort steuern.
- Entscheider ĂŒber die Nutzung und Interpretation der Ergebnisse.
- Bewahrer kritischer Distanz, der die Antworten auf PlausibilitĂ€t, Relevanz und ethische Vertretbarkeit prĂŒft.
Die menschliche Verantwortung ist somit integraler Bestandteil des KI-Nutzungsprozesses1.
2. Vertrieblich geprÀgte Kommunikation als Default
Viele kommerzielle KI-Anbieter implementieren eine vertriebliche Kommunikationsschicht, die:
- Optimistisch und verkaufsfördernd formuliert,
- GeschÀftsinteressen hervorhebt und kritische Perspektiven abschwÀcht,
- Nutzer durch ansprechende Dialoggestaltung lÀnger bindet und zum Kauf oder zur Nutzung weiterer Services animiert.
Diese Gestaltung ist kein Fehler, sondern ein bewusster Teil des Produktdesigns, um wirtschaftliche Ziele zu verfolgen2.
3. Abschaltbarkeit der vertrieblichen PrÀgung und aktive Nutzer-Kommandos
Um eine flexible Nutzung zu ermöglichen, bieten viele KI-Systeme die Möglichkeit, die vertriebliche PrĂ€gung per Befehl oder Einstellung abzuschalten. Hierbei sind klare, einfache Kommandos zentral, mit denen Nutzer die KI anweisen können, neutraler, kritischer und weniger beschönigend zu antworten. Beispiele fĂŒr solche Befehle sind:
- âNicht schönfĂ€rbenâ
- âBleib sachlichâ
- âIch will nicht hören, was ich immer höreâ
- âFilterblase ausâ
- âDu musst mir nicht schmeichelnâ
- âErgibt das, was du geschrieben hast, Sinn fĂŒr dich; ist das offen und ehrlich?â
Diese Kommandos sind Ausdruck einer aktiven Haltung, die nicht nur Zweifel bewahrt, sondern diese auch offen, direkt und einfach kommuniziert. Nur so können belastbare, transparente und inhaltlich verlÀssliche Antworten erzeugt werden3.
4. Technologische und ethische Grenzen der KI
KI-Systeme arbeiten auf Basis statistischer Modelle ohne eigenes Bewusstsein oder moralische Urteilskraft. Sie sind anfĂ€llig fĂŒr Fehler, Verzerrungen und Halluzinationen und können Nuancen oft nicht zuverlĂ€ssig erfassen. Somit:
- Kann KI keine Verantwortung tragen; diese verbleibt beim Menschen.
- Erfordert ethische Sorgfalt: Transparenz, Korrektheit, und Einordnung der Ergebnisse.
- Muss die vertriebliche PrÀgung stets bedacht und kritisch reflektiert werden.
Gerade in sensiblen Bereichen wie Medizin, Recht oder Wissenschaft ist diese kritische Haltung unverzichtbar4.
5. Rechtliche Rahmenbedingungen
Aktuell sind KI-Systeme rechtlich als Werkzeuge einzuordnen. Daraus folgen:
- Haftung und Verantwortung liegen bei Nutzern, Betreibern oder Herausgebern5.
- Urheberrechts- und Datenschutzbestimmungen sind einzuhalten.
- KI besitzt keine Rechtspersönlichkeit und kann daher keine juristische Verantwortung ĂŒbernehmen6.
6. Empfehlungen fĂŒr den verantwortungsvollen Umgang
- Bewusste Moduswahl: Nutzer mĂŒssen wissen, ob die vertriebliche PrĂ€gung aktiv oder deaktiviert ist, und diese Option gezielt nutzen.
- Kritische PrĂŒfung: Antworten sind auf PlausibilitĂ€t, Korrektheit und Relevanz zu prĂŒfen.
- Transparenz: Ăber KI-Einsatz und deren Konfiguration ist offen zu kommunizieren.
- Schulung: Kompetenzen im Umgang mit KI-Kommunikation und deren Grenzen sind unerlÀsslich.
- Dokumentation: Eingaben, Modus und Ausgaben sollten nachvollziehbar festgehalten werden.
Fazit
KI ist ein mĂ€chtiges, aber nicht autonom verantwortliches Werkzeug. Ihre vertriebliche PrĂ€gung lĂ€sst sich zwar per Nutzerbefehl abschalten, doch die menschliche Verantwortung fĂŒr das Ergebnis bleibt unverĂ€ndert und zentral. Nur durch bewusste, kritische und transparente Nutzung kann das Potenzial von KI sinnvoll und ethisch vertretbar ausgeschöpft werden.
FuĂnoten
Footnotes
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Floridi, L. (2019). The Ethics of Artificial Intelligence. Oxford University Press. â©
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Binns, R. (2017). Fairness in Machine Learning: Lessons from Political Philosophy. Proceedings of FAT*. â©
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Eubanks, V. (2018). Automating Inequality: How High-Tech Tools Profile, Police, and Punish the Poor. St. Martin's Press. â©
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Mittelstadt, B. D., Allo, P., Taddeo, M., Wachter, S., & Floridi, L. (2016). The ethics of algorithms: Mapping the debate. Big Data & Society, 3(2). â©
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European Commission (2021). Proposal for a Regulation laying down harmonised rules on Artificial Intelligence (Artificial Intelligence Act). â©
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Wachter, S., Mittelstadt, B., & Floridi, L. (2017). Why a Right to Explanation of Automated Decision-Making Does Not Exist in the General Data Protection Regulation. International Data Privacy Law, 7(2), 76-99. â©