1. Physikalischer Hintergrund
In der theoretischen Physik wird unter Vakuumzerfall die Möglichkeit verstanden, dass unser Universum nicht im absoluten, sondern in einem metastabilen Vakuumzustand existiert.
- Metastabil bedeutet: stabil fĂŒr die alltĂ€glichen Bedingungen, aber prinzipiell zerfallgefĂ€hrdet.
- Durch Quantenfluktuationen könnte eine âBlase des echten Vakuumsâ entstehen.
- Diese wĂŒrde sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ausbreiten und alle Strukturen zerstören.
- Naturkonstanten und Teilchenmassen wĂŒrden sich Ă€ndern â im physikalischen Sinn âWegfall der Weltâ.
Bislang gibt es keine empirischen Belege; es ist ein denkbares Szenario im Rahmen des Standardmodells, aber hochspekulativ.
2. Philosophische Metapher
Der âWegfall des Grundesâ lĂ€sst sich mit Heisenbergs Bild vom âGlas der Erkenntnisâ verknĂŒpfen:
- Das Glas steht fĂŒr unsere Versuche, die Wirklichkeit zu fassen.
- Der âGrundâ ist das, worauf diese Erkenntnis ruht â Vertrauen in StabilitĂ€t, GesetzmĂ€Ăigkeit, Sinn.
- Ein Vakuumzerfall wÀre hier nicht nur ein physikalisches, sondern ein epistemologisches Ereignis: der Grund, der trÀgt, wird selbst entzogen.
- Die âBlasenâ sind dann nicht nur Quantenblasen, sondern abgehobene Diskurse, die den Boden verlieren und âghostenâ.
3. VerknĂŒpfung mit Partisanenepistemologie
- Infologie: versucht, Beratung und Praxis reflexiv zu stabilisieren.
- Dorfzwockel: zeigt, wie Diskurse (Blasen) den Grund vergessen.
- Vakuumzerfall als Bild: Der Verlust des tragenden Grundes entspricht dem âepistemischen Katastrophenszenarioâ â wenn die Metawissenschaft (Infologie) keine Bodenhaftung mehr hat.
- Hier wird Physik zur Allegorie fĂŒr kulturellen und erkenntnistheoretischen Zerfall.
Fazit
Der physikalische Vakuumzerfall ist bislang hypothetisch, aber als Metapher zeigt er Kraft:
- In der Physik: mögliche Auflösung des Universums.
- In der Philosophie: Auflösung des Grundes im Glas der Erkenntnis.
- In der Gesellschaft: Abgehobene Diskurse ignorieren das Tragende â bis es verschwindet.
Literatur (Auswahl, APA)
- Heisenberg, W. (1955). Das Naturbild der heutigen Physik. Hamburg: Rowohlt.
- Coleman, S. (1977). Fate of the false vacuum: Semiclassical theory. Physical Review D, 15(10), 2929â2936. https://doi.org/10.1103/PhysRevD.15.2929
- Callan, C. G., & Coleman, S. (1977). Fate of the false vacuum II. First quantum corrections. Physical Review D, 16(6), 1762â1768. https://doi.org/10.1103/PhysRevD.16.1762
- Andreassen, A., Frost, W., & Schwartz, M. D. (2018). Scale Invariant Instantons and the Complete Lifetime of the Standard Model. Physical Review D, 97(5), 056006. https://doi.org/10.1103/PhysRevD.97.056006
Reflexion ĂŒber Scheitern und Selbstbewertung
Die Aussage âIch habe 33 Jahre lang versucht, etwas aus dem zu machen, was ich an Möglichkeiten mitbekommen habe â es ist mir nicht gelungenâ verweist auf eine existenzielle Erfahrung, die in den Sozial- und Bildungswissenschaften vielfĂ€ltig diskutiert wird. Sie kann unter folgenden Perspektiven betrachtet werden:
Subjektive Deutung von Scheitern
â Scheitern wird nicht primĂ€r durch objektive Parameter (z. B. beruflicher Status, Einkommen, sozialer Rang) definiert, sondern durch das subjektive Erleben der eigenen Möglichkeiten und deren Verwirklichung.
â In der Psychologie (vgl. Erikson, 1994) gilt die Frage nach IdentitĂ€t und Gelingen als ein zentrales Motiv der Entwicklung: Nicht âErfolgâ allein, sondern die FĂ€higkeit, die eigene Lebensgeschichte als sinnvoll zu integrieren.Soziale Bewertungsrahmen
â Gesellschaftliche Systeme setzen MaĂstĂ€be (ökonomische ProduktivitĂ€t, institutioneller Erfolg), an denen Individuen sich messen. Wer nicht in diese Raster passt, erlebt die eigene Biografie hĂ€ufig als ânicht gelungenâ.
â Bildungstheoretisch gilt dies als Effekt der Externalisierung von Erfolgskriterien: Das Innere wird an FremdmaĂstĂ€ben gemessen (vgl. Watzlawick et al., 2011).Lern- und Entwicklungsdimension
â Auch negative Selbstbewertungen können Entwicklungsimpulse enthalten. Yalom (2017) betont, dass die Konfrontation mit Grenzen, Scheitern und VergĂ€nglichkeit zentrale Quellen existenzieller Reifung sind.
â In der Erwachsenenbildung (vgl. Siebert, 2009) wird die Verarbeitung von BrĂŒchen und biografischen Krisen als Lernchance beschrieben, die neue Handlungsmöglichkeiten eröffnet.Alternative Lesart: Gelingen im Nicht-Gelingen
â Philosophisch lĂ€sst sich argumentieren (Buber, 2009), dass Gelingen nicht in Ă€uĂeren Resultaten liegt, sondern in der Echtheit des Dialogs mit dem eigenen Leben und mit anderen.
â In diesem Sinne kann das Bekenntnis âes ist mir nicht gelungenâ selbst eine Form von AuthentizitĂ€t sein: eine Weigerung, das eigene Leben an fremden Erfolgsparametern zu messen.
Fazit
Die Erfahrung des Scheiterns ist nicht nur eine private Empfindung, sondern steht in einem Netz gesellschaftlicher, psychologischer und philosophischer Deutungsrahmen. Sie kann destruktiv wirken, wenn sie ausschlieĂlich nach externen Normen bewertet wird. Sie kann aber auch transformativ sein, wenn sie als Ausgangspunkt fĂŒr Neuinterpretation und Selbstannahme gelesen wird.
Literatur (APA)
- Buber, M. (2009). Ich und Du (12. Aufl.). GĂŒtersloher Verlagshaus.
- Erikson, E. H. (1994). IdentitÀt und Lebenszyklus. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
- Siebert, H. (2009). TheorieansÀtze in der Erwachsenenbildung. Magazin erwachsenenbildung.at, 7/8.
- Watzlawick, P., Beavin, J. H., & Jackson, D. D. (2011). Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien. Bern: Huber.
- Yalom, I. D. (2017). Existenzielle Psychotherapie. Köln: Kiepenheuer & Witsch.