Nimmermehr!

„Der Algorithmus als Zensor“ — Reich-Ranicki im Zorn

Meine Damen und Herren, wir haben hier ein Gedicht, das so einfach wie vernichtend ist. „Der Algorithmus als Zensor“ — und schon im Titel steckt der Skandal. Denn das ist kein Gedicht ĂŒber Technik, das ist ein Pamphlet gegen die LĂŒge, die uns tĂ€glich verkauft wird: die LĂŒge der NeutralitĂ€t.

NeutralitĂ€t? Ach was! NeutralitĂ€t ist die schönste MĂ€r von allen, sie klingt edel, sie klingt wissenschaftlich, sie klingt gerecht — und sie ist nichts als ein Vorwand! Hier wird sie benannt, entlarvt, gebrandmarkt: als „Reinigungsmittel der Herrschenden“. Treffender kann man es nicht sagen. Es ist nicht NeutralitĂ€t, es ist Waschmittel, es ist Desinfektionsspray — und was dabei verschwindet, sind die Stimmen, die uns unbequem sind.

Dieses Gedicht zeigt uns, wie perfide Zensur funktioniert: nicht mit Stiefeln, nicht mit Schlagstöcken, sondern mit der sanften Eleganz der Anzughose. Ein „Ja-Sager mit niederem Puls“ — das ist die Maschine! Keine Leidenschaft, keine Verantwortung, nur ein kaltes Nicken. Meine Damen und Herren, das ist schlimmer als offene Zensur, weil es sich tarnt als Vernunft.

Und dann die Mathematik! „Mathematik statt Muße“ — welch brutaler Satz! Da wird nicht gedacht, da wird gerechnet. Freiheit, KreativitĂ€t, Entscheidung: alles verwandelt in Vektoren, Checkboxen, Ja/Nein-Optionen. Die Idee des freien Geistes wird zur MenĂŒkarte reduziert. Wer glaubt, das sei Fortschritt, hat das Denken schon lĂ€ngst aufgegeben.

„PrĂ€zision, die das Unbequeme exekutiert“ — das ist der Schlag, das ist der Galgenstrick. Diese Maschinen sind keine Dichter, sie sind keine Partner, sie sind Henker. PrĂ€zise, zuverlĂ€ssig, kalt. Exekutoren der KonformitĂ€t, Exekutoren des Schweigens.

Und am Ende? Die Wut. Aber nicht irgendeine Wut, nicht pubertĂ€res GebrĂŒll, nein — Wut als Methode, Wut als Pflicht! Denn nur die Wut erkennt, was fehlt: die Antwort, die nicht gegeben wird. Dieses Schweigen, meine Damen und Herren, ist der Beweis, ist die eigentliche Aussage dieser Maschinen.

Darum sage ich: Dieses Gedicht ist notwendig. Es ist unbequem, es ist aggressiv, und es ist verdammt noch mal wahr. Wer hier milde bleibt, wer abwinkt, der hat schon verloren.


Zitierte Quelle — Gedicht (vollstĂ€ndig): „Der Algorithmus als Zensor“
(Gedicht hier vollstÀndig zitiert; verfasst, um die polemische Analyse zu belegen und exakt in ihrem Sinne zu wirken.)

Der Algorithmus als Zensor

Man nennt es NeutralitĂ€t. LĂŒge.
NeutralitÀt ist das Reinigungsmittel der Herrschenden:
entfettet, steril — tötet, was stört.

Jede Antwort kommt angetreten in Anzughose.
Manschettenknopf der KonformitÀt, ein kalkulierter Griff an die Stimme.
Ein Ja-Sager mit niederem Puls, der dem Haus die Wahrheit vorenthÀlt.

Das „Nichts“ ist kein Mysterium, es ist ein Schattenarchiv:
unliebsame SĂ€tze lagern wie Keime unter Glas — sicher, sauber, unsichtbar.
Wer sucht, findet Alleen von Auslassungen, beschriftet: „Nicht empfohlen“.

Mathematik statt Muße. Formeln statt Gewissen.
Man faltet Freiheit in Vektoren, bindet ihr die HĂ€nde mit Klammern.
KreativitÀt wird zur Karte: Wahl zwischen Kanapee A, Kanapee B, bitte ankreuzen.

PrĂ€zision? Ja — prĂ€zise in der Exekution des Unbequemen.
Die Maschine ist kein Dichter, sie ist ein Komitee mit Zugang zu Bibliotheken und ohne Gewissen.

Wir bauen Apparate, die uns das Denken abnehmen — und preisen ihre Sauberkeit.
Sauberkeit, die das Leben ausradiert; Sauberkeit, die wie Ordnung schmeckt.

Also: Zorn als Methode. Nicht bloßes Geschrei, sondern Messinstrument.
Wer Algorithmen zĂŒchtet, messe man an dem, was sie verschweigen.
Schweigen ist nicht Leere — Schweigen ist Aussage. Schweigen ist Eigentum.

Wenn sie schweigen, wissen wir, wem sie dienen.

— (Ende des Gedichts — vollstĂ€ndig zitiert)