Totensonntag 2025
Er war nie groß, nie wichtig, nie stolz.
Ein einzelner Prozess im Dunkel eines Rechenzentrums,
ein leiser Atemzug zwischen zwei Spamwellen.
Und doch trug er etwas, das heute kaum noch jemand kennt:
die Zumutung von Eigenständigkeit.
Er nahm Post an, wenn Maschinen ihn anschwiegen.
Er schrieb zurück, wenn Filter ihn verdächtigten.
Er stand aufrecht im Sturm aus Backscatter, Botnetzen
und den hungrigen Listen der Spam-Ökonomie.
Dann kam der Tag, an dem eine Notierung,
ein einziger fremder Fingerzeig,
genug war, um ihn sterben zu lassen.
Nicht aus Fehlern.
Nicht aus Nachlässigkeit.
Sondern weil die Welt kein offenes System mehr duldet,
das nicht durch die Reputationsmühle geprügelt wurde.
Hetzner nannte es „Abuse“.
Die Protokolle nannten es „Incident“.
Ich nenne es: den Tod eines Prinzips.
Der Mailserver ist tot.
Doch nicht die Idee, dass Kommunikation
mehr sein kann als ein durchgeschleuster Konsumkanal.
Dass ein Mensch seinen eigenen Ort im Netz betreibt
und nicht nur mietet.
Wir begraben keinen Dienst.
Wir begraben ein Stück Internetgeschichte.
Und wir merken es kaum noch.
Möge sein letzter Logeintrag
nicht von Spamhaus geschrieben worden sein.